Sachverhalt
Im September 2021 vereinbarten der Betriebsausschuss der beklagten Partei und die beklagte Partei einen Sozialplan.
Der Sozialplan lautete auszugsweise:
„Präambel
Zweck dieser Vereinbarung ist der Ausgleich bzw die Milderung allfällig auftretender sozialer Härten, die im Zuge der Restrukturierung und Neuorganisation des Werkes entstehen können. Der gegenständliche Sozialplan stützt somit die Absenkung des Personalstandes von 1.904 Stammmitarbeitern (exkl. 55 Befristete, Leiharbeitnehmer und Lehrlinge) per 31. Dezember 2020 auf einen Zielstand von 1.250 Beschäftig[t]en zuzüglich 150 Beschäftigten in einer noch zu errichtenden Forschungs GmbH, sowie Lehrlingen nach bedarfsbezogenen Ausbildungskriterien zum 31. Mai 2023. Unter Berücksichtigung benötigter Zugänge wird von einem Bruttoabbau von rund 620 Mitarbeitern ausgegangen. (…)
1. Geltungsbereich
Der Sozialplan tritt frühestens mit dem vollzogenen Closing in Kraft und bezieht sich auf alle unbefristeten Dienstverträge, die durch einvernehmliche Auflösungen bis spätestens 31. Mai 2024 beendet werden sowie auf alle Mitarbeiter, die eine Altersteilzeitvereinbarung auf Grundlage dieses Sozialplanes abschließen. Im Zuge des Ausspruches von Dienstgeberkündigungen, werden keine Sozialplanleistungen ausbezahlt.“
Bis September 2023 baute die beklagte Partei rund 630 Mitarbeiter ab. Diese Mitarbeiter erhielten eine Leistung aus dem Sozialplan.
Die 1. Klägerin wurde im Jänner 2024 und die 2. Klägerin im Februar 2024 gekündigt. Sie erhielten keine Leistung aus dem Sozialplan.
Die Klägerinnen begehrten sodann Leistungen aus dem Sozialplan.
Die beklagte Partei wandte ein, dass das durch den Sozialplan gedeckte Abbauvolumen bereits erfüllt ist, weshalb die Klägerinnen keine Leistung aus dem Sozialplan erhalten werden.
Das Erstgericht und das Berufungsgericht gaben der Klage statt.
Rechtliche Beurteilung durch den OGH
Der Oberste Gerichtshof (OGH) bestätigte das Urteil des Erstgerichts und des Berufungsgerichts.
Der OGH hielt fest, dass auch eine Überschreitung der ursprünglich genannten Mitarbeiterzahl die Anwendung des Sozialplans nicht hindert.
Bedeutung der Entscheidung für die Praxis
Die Entscheidung verdeutlicht das Erfordernis einer korrekten und präzisen Formulierung des Sozialplans. In erster Linie ist bei der Auslegung von Betriebsvereinbarungen deshalb der Wortsinn zu erforschen und die sich aus dem Text ergebende Absicht der Parteien der Betriebsvereinbarung zu berücksichtigen (vgl RS0010089 [T35]).
Fazit
Ein Sozialplan gilt bis zum vereinbarten Enddatum. („Unpräzise“) Zahlenangaben in der Präambel begrenzen den Anwendungsbereich nicht.
Arbeitnehmer behalten ihren Anspruch auf Sozialplanleistungen, auch wenn der Personalabbau größer ausfällt als zunächst erwartet. Arbeitgeber wiederum sollten bei der Formulierung von Sozialplänen präzise auf den Geltungsbereich achten, da unklare oder nur motivierende Angaben keine einschränkende Wirkung entfalten.
Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer sollten aus diesem Grunde eine auf Arbeitsrecht und Prozessführung spezialisierte Rechtsanwaltskanzlei zu Rate ziehen, um kostspielige Fehler noch vor Beginn eines Verfahrens abwenden zu können.
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