Sachverhalt
Der Kläger (Arbeitnehmer/Dienstnehmer) ist als Angestelltenbetriebsrat im Betrieb der beklagten Partei tätig .
Im Betrieb der beklagten Partei bestand eine Zeitausgleichsvereinbarung. Dienstnehmer erhalten für geleistete Überstunden und/oder sonstige Mehrarbeit ein Zeitausgleichsguthaben, das in der Folge nach den gegebenen Möglichkeiten abgebaut werden kann.
Der Kläger (klagender Betriebsrat) begehrte die Feststellung gemäß § 54 Abs 1 ASGG, dass die Mitarbeiter der beklagten Partei im Falle einer Erkrankung ein Recht zum Rücktritt von der mit der beklagten Partei geschlossenen Zeitausgleichsvereinbarung haben.
Die beklagte Partei wandte ein, dass eine Zeitausgleichsvereinbarung zwar einen Entgeltcharakter aufweist; tatsächlich aber nur zu einer anderen Verteilung der Arbeitszeit führt.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Das Berufungsgericht folgte dem Erstgericht.
Rechtliche Beurteilung durch den OGH
Der Oberste Gerichtshof (OGH) hielt fest, dass Erkrankungen während des Verbrauchs von Zeitausgleich für Überstunden keine Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis haben. Folglich kann ebenso die Zeit des Krankenstands zur Abdeckung eines Überstundenguthabens herangezogen werden. Der Grund liegt in der Tatsache, dass nicht die Krankheit während der „Freistellung“ den Entfall der Arbeitsleistung bewirkt, sondern die mangelnde Verpflichtung des Dienstnehmers eine Arbeitsleistung zu erbringen. Ein Dienstnehmer kann ausschließlich in jenen Zeiten durch Krankheit oder Unfall an der Leistung seiner Arbeit verhindert sein, in denen eine Arbeitspflicht des Dienstnehmers besteht.
Aus diesem Grunde bestätigte der OGH die abweisenden Entscheidungen der Vorinstanzen.
Bedeutung der Entscheidung für die Praxis
Auch wenn der Abbau von Überstunden durch Zeitausgleich vor allem der Erholung dient, bedeutet das am Ende des Tages lediglich, dass die Arbeitszeit anders verteilt wird. Ungeachtet dessen wäre es (ausgehend von der Rechtsprechung) widersprüchlich, würde man eine Unterbrechung des bereits zeitlich fixierten Zeitausgleichs wegen einer Erkrankung des Arbeitnehmers verneinen, einen Rücktritt des Arbeitnehmers von der konkreten Verbrauchsvereinbarung aber bejahen.
Fazit
Zeitausgleich für Überstunden ist rechtlich gesehen in erster Linie eine Verschiebung der Arbeitszeit, auch wenn er Erholungszwecken dient. Deshalb gelten ähnliche Regeln wie beim normalen Arbeitsplan. Wird ein fest vereinbarter Freizeitausgleich durch Krankheit belastet, hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch darauf, diesen eigenmächtig zu verschieben oder nachzuholen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten daher klare Absprachen treffen, wann Überstunden ausgeglichen werden.
Bei Fragen zu arbeitsrechtlichen Themen stehen Ihnen mein Team und ich sehr gerne zur Verfügung.