Sachverhalt
Die Klägerin war vom 14. März 2003 bis Ende Mai 2012 im Betrieb der beklagten Partei als Maschinenarbeiterin beschäftigt.
Die Klägerin war vom 23. Mai 2012 bis inklusive 25. Mai 2012 krankgeschrieben. Vom 29. Mai 2012 bis 9. Juni 2012 befand sich die Klägerin im Urlaub (Serbien).
Die Klägerin wollte ihre Urlaubsreise bereits am 25. Mai 2012 antreten. Die beklagte Partei genehmigte der Klägerin am 25. Mai 2012 keinen Urlaub.
Aus diesem Grund gab die Klägerin am 23. Mai 2012 bekannt, dass sie unter Blutdruckproblemen leidet. Die Klägerin suchte ihren Arzt auf, der eine „eitrige Pharyngitis“ feststellte und die Klägerin bis 25. Mai 2012 arbeitsunfähig erklärte.
Er vermerkte Ausgehzeiten von 9:00 Uhr bis 11:00 Uhr bzw von 14:00 Uhr bis 17:00 Uhr. Ebenso musste die Klägerin Medikamente (Antibiotika dreimal täglich für vier Tage) einnehmen. Der Arzt verordnete der Klägerin körperliche Schonung.
Dennoch trat die Klägerin bereits am 25. Mai 2012 die Autoreise nach Serbien an. Die Klägerin fühlte sich auch erst am 28. oder 29. 5. wieder gesund.
Auf Nachfrage des Arbeitgebers (beklagte Partei) gab die Klägerin am 25. Mai 2021 an, dass sie sich gerade beim Einkaufen befindet.
Die beklagte Partei beendete das Dienstverhältnis und sprach die Entlassung aus.
Die Klägerin begehrte im gerichtlichen Verfahren Kündigungsentschädigung, Sonderzahlungen und Urlaubsersatzleistung, da die Entlassung ungerechtfertigt erfolgt sei.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Das Berufungsgericht gab dem Klagebegehren statt.
Rechtliche Beurteilung durch den OGH
Der Oberste Gerichtshof (OGH) hielt fest, dass für Arbeitnehmer die Verpflichtung besteht, sich im Fall einer Krankheit und einer dadurch ausgelösten Arbeitsunfähigkeit so zu verhalten, dass die Arbeitsfähigkeit möglichst bald wiederhergestellt wird. Ferner erkannte der OGH, dass das Fehlverhalten der Klägerin objektiv sorgfaltswidrig war. Die Klägerin verstieß gegen die ärztliche Anordnung (Schonung) und missachtete ebenso die Ausgehzeiten.
Die Klägerin verwirklichte den Entlassungsgrund der beharrlichen Pflichtverletzung nach § 82 lit f GewO 1859. Die Entlassung war daher berechtigt.
Bedeutung der Entscheidung für die Praxis
Die Entscheidung schärft den Blick auf das Verhalten im Krankenstand. Es ist nicht ausreichend, bloß nicht zu arbeiten. Vielmehr müssen Arbeitnehmer alles unterlassen, was die Genesung beeinträchtigen könnte. Entscheidend ist jedoch stets der Einzelfall, weshalb die Beiziehung eines auf Arbeitsrecht spezialisierten Anwalts ratsam ist.
Fazit
Die Entscheidung verdeutlicht, dass Arbeitnehmer während des Krankenstands verpflichtet sind, alles zu unterlassen, was den Heilungsverlauf erschweren oder verzögern könnte. Selbst ohne ausdrückliches ärztliches Verbot kann ein Verhalten, das die Heilung beeinträchtigt, einen Entlassungsgrund darstellen und die Entlassung rechtfertigen. Arbeitgeber sollten jedoch stets eine sorgfältige Prüfung des Einzelfalls vornehmen, bevor sie eine derart drastische Maßnahme ergreifen.
Bei Fragen zu arbeitsrechtlichen Themen, insbesondere bei Fragen zur Kündigung und zur Entlassung stehen Ihnen mein Team und ich sehr gerne zur Verfügung.