Sachverhalt
Der Kläger schloss bei der beklagten Partei einen Wohnhaus‑Brandschadenversicherungsvertrag ab.
Im Dezember 2021 kam es zum Brand. Der Schaden betrug über EUR 200.000,–.
Der beklagte Versicherer beauftragte einen Sachverständigen, der unter anderem feststellte, dass die Ursache des Brandes in brennbaren Rußablagerungen im Rauchfang lag – und dass sowohl ein Rauchfangkehrer als auch der Versicherungsnehmer Versäumnisse begangen hätten.
Am 6.7.2022 lehnte der Versicherer die Deckung mit einer E‑Mail ab („Deckungsablehnung“) unter Hinweis auf § 12 Abs 3 VersVG und den dadurch verbundenen Rechtsfolgen.
Der Versicherungsnehmer klagte schließlich am 19.12.2024 auf Zahlung der Versicherungsleistung (EUR 333.748,56 ).
Das Erstgericht und Berufungsgericht wiesen die Klage ab, da die Frist des § 12 Abs 3 VersVG abgelaufen sei.
Rechtliche Beurteilung durch den OGH
Der OGH hegt erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gegenüber dieser Bestimmung. Die Vorschrift des § 12 VersVG führt zu einer einseitigen Privilegierung des Versicherers gegenüber anderen Schuldnern (§ 12 Abs 3 gilt nur für den Versicherer). Die Regelung benachteiligt typischerweise den Versicherungsnehmer; sohin die schwächere Vertragspartei.
Der OGH beantragt an den Verfassungsgerichtshof (VfGH), § 12 Abs 3 VersVG gänzlich als verfassungswidrig aufzuheben.
Bedeutung der Entscheidung für die Praxis
Die Entscheidung des OGH verdeutlich, die Wichtigkeit der Fristen im Versicherungsvertragsrecht. Versicherungsnehmer sollten bei einer qualifizierten Ablehnung sofort reagieren, um ihren Anspruch nicht „endgültig“ zu verlieren. Zugleich zeigt das Urteil, dass die rechtliche Grundlage dieser Frist verfassungsrechtlich hinterfragt wird, was eine künftige Änderung wahrscheinlich macht.
Fazit
Im Versicherungsrecht können Fristen über „Sieg oder Niederlage“ entscheiden. Für Versicherungsnehmer heißt das bei einer qualifizierten Ablehnung sofort aktiv zu werden, um ihren Anspruch nicht zu verlieren. Versicherer wiederum müssen sicherstellen, dass ihre Ablehnungen formal sauber dokumentiert sind. Gleichzeitig wirft die Entscheidung verfassungsrechtliche Fragen auf, sodass sich die „Spielregeln“ in Zukunft noch ändern könnten.
Bei versicherungsrechtlichen Fragestellungen sollte aus diesem Grunde eine auf Versicherungsrecht und Prozessführung spezialisierte Rechtsanwaltskanzlei zu Rate gezogen werden, um kostspielige Fehler, noch vor Beginn eines Verfahrens, abwenden zu können.
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