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Die Leitungswasserversicherung: Ist auch Sodawasser als Leitungswasser zu verstehen?

Die Frage des Begriffsverständnisses von Versicherungsbedingungen ist im Schadenfall entscheidend für die Leistungspflicht des Versicherers. Mangels einer allgemeingültigen Definition des Begriffs ‚Wasser‘ in den Versicherungsbedingungen hatte sich der OGH erstmals in der gegenständlichen Entscheidung mit der Bedeutung der Bezeichnung ‚Wasser‘ im Sinne der Leitungswasserversicherung befasst. Konkret hatte der OGH zu entscheiden, ob trotz Beimengung von Kohlensäure (zur Sodawassergewinnung) ‚Leitungswasser‘ gemäß den dem Rechtstreit zu Grunde liegenden Versicherungsbedingungen vorliegt.

OGH 7 Ob 6/08w

Sachverhalt

Im Keller eines Gasthauses befand sich eine Sodawasseranlage. Die Anlage hat H2O mit Kohlensäure (H2CO3) angereichert. Durch ein Leitungssystem wurde das Sodawasser vom Keller in den Schankraum geleitet. Es kam am Zapfhahn zu einem Wasseraustritt, der einen Schaden verursachte. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, da es eine Zapfanlage, mit der Sodawasser gezapft werde, unter Beachtung des allgemeinen Sprachgebrauches nicht als ‚Wasserleitung‘ verstand. Das Berufungsgericht verwies die Rechtssache an das Erstgericht zurück und stützte seine Ausführungen auf den allgemeinen Sprachgebrauch sowie auf die deutsche Meinung zur „vergleichbaren Bedingungslage“.

Rechtliche Beurteilung durch den OGH

Der OGH gelangte zum Ergebnis, dass es sich bei der ausgetretenen Flüssigkeit (Sodawasser) um Leitungswasser handle. Er stellte insbesondere auf den Sinn und Zweck der Versicherungen ab und erweiterte somit den Risikobereich. Sinn und Zweck ist die Absicherung von Schäden in Folge von Leitungswasseraustritt.

Im Sinne dieser Rechtsprechung steht einer Anreicherung der Flüssigkeit mit Kohlensäure einer Qualifikation als Wasser nicht entgegen.

Im Ergebnis erachtete der OGH, Sodawasser als ‚Wasser‘ im Sinne der Versicherungsbedingungen.

Die Bedeutung dieser Entscheidung für die Praxis

Die Rechtsprechung ist bedingungsabhängig. Sie kann somit nicht ohne weiteres auf andere Sachverhalte übertragen werden. Der Urteilsspruch ist demgemäß einzelfallbezogen. Er stellt jedoch ein Indiz für die Begriffsdefinition dar.

Fazit

Dieser Fall ist ein lehrreiches Beispiel für die Komplexität und Bedeutung der Formulierung von Versicherungsbedingungen. Er verdeutlicht, welche Probleme bei der Verwendung von allgemein bekannten Begriffen wie ‚Wasser‘ im Zuge der Beurteilung der Leistungspflicht eines Versicherers entstehen.

Für Fragen und juristische Beratung zum Thema der Leitungswasserversicherung, respektive den Folgen eines Wasserschadens stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.