Sachverhalt
Der Kläger war seit 2018 bei der beklagten Partei zuletzt als „Country Manager Austria“, beschäftigt. Der Kläger verrichtete seine Tätigkeit von seinem Nebenwohnsitz in Wien aus (Homeoffice). Es gab keine weiteren Mitarbeiter in Österreich. Der Kläger war organisatorisch und hierarchisch in den in Deutschland gelegenen Betrieb der Beklagten eingegliedert.
Zum 30. November 2023 kündigte die beklagte Partei das Dienstverhältnis.
Der Kläger focht die Kündigung wegen Sozialwidrigkeit und eines verpönten Motives an.
Die beklagte Partei wandte ein, dass in Österreich kein Betrieb besteht, und aus diesem Grunde der “Kündigungsschutz” des ArbVG nicht anwendbar ist.
Das Erstgericht und das Berufungsgericht wiesen das Klagebegehren ab.
Rechtliche Beurteilung durch den OGH
Der Oberste Gerichtshof (OGH) hielt fest, dass der “Kündigungsschutz” kollisionsrechtlich iSd Art 8 Rom I-VO dem Arbeitsvertragsstatut folgt. Geht man davon aus, dass auf das Arbeitsverhältnis des Klägers österreichisches Recht Anwendung findet, gelten auch die Schutzbestimmungen des ArbVG.
Da jedoch in Österreich kein Betrieb im Sinne des ArbVG bestand, folgte der OGH der Rechtsansicht des Erst- und des Berufungsgerichts. Der OGH wies sohin ebenso die Klage ab.
Bedeutung der Entscheidung für die Praxis
Selbst bei international tätigen Unternehmen ist das Vorhandensein eines in Österreich gelegenen Betriebs Voraussetzung für den Anwendungsbereich des “Kündigungsschutzes”. Es ist nicht ausreichend, dass ein Betrieb im Ausland besteht. Der Betrieb im Sinne des ArbVG muss in Österreich gelegen sein, widrigenfalls der Dienstnehmer nicht in den Genuss des “Kündigungsschutzes” (verpöntes Motiv, Sozialwidrigkeit) kommt.
Unterliegt das Dienstverhältnis dem österreichischen Vertragsstatut, so ist auch der allgemeine Kündigungsschutz im Sinne ArbVG anwendbar. Materiell-rechtlich setzt dieser Kündigungsschutz jedoch – auch bzw insbesondere bei grenzüberschreitenden Sachverhalten – das Bestehen eines Betriebs in Österreich voraus.
Fazit
Auch wenn auf ein grenzüberschreitendes Arbeitsverhältnis österreichisches Recht anwendbar ist und daher grundsätzlich der allgemeine Kündigungsschutz zur Anwendung gelangt, greift dieser Schutz lediglich, wenn materiell-rechtlich ein Betrieb in Österreich besteht. Fehlt ein solcher in Österreich gelegener Betrieb – wie im vorliegenden Fall –, steht dem Arbeitnehmer/Dienstnehmer kein Anspruch auf Kündigungsschutz nach österreichischem Recht zu.
Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer sollten aus diesem Grunde bereits vor Antritt des Dienstverhältnisses eine auf Arbeitsrecht und Prozessführung spezialisierte Rechtsanwaltskanzlei zu Rate ziehen, um kostspielige Fehler noch vor Beginn eines Verfahrens abwenden zu können.
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